Grenzlage an der Niers

Haus Clörath lag mit Korn- und Ölmühle und Wirtschaftsgebäuden auf einer vollständig von der Niers und ihren Seitenarmen umflossenen Insel. Es war eine Grenzfeste im kurkölnischen Gebiet an einem wichtigen Niersübergang. Die Niers bildete hier die Grenze zwischen dem östlich gelegenen Kurköln und dem westlich der Niers gelegenen Viersen, das damals als Exklave zum Herzogtum Geldern gehörte, sowie dem zum Herzogtum Jülich gehörenden Süchteln. Heute zeugt ein wieder errichteter alter Grenzstein von dem „Dreiländereck“. Durch diese Grenzlage wurde Clörath in der Vergangenheit immer wieder Ort von Streitigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen.

Dreigeteilte Honschaft

Bis 1800 lag Clörath in der zum kurkölnischen Amt Oedt gehörenden Honschaft Unterbroich. Das Haus war kurmudpflichtig an den Abt von Gladbach, der im Amt Oedt Erbgrund-, Zins- und Gerichtsherr war. Das heißt: Bei Tod des Kurmudpflichtigen waren Abgaben in Form von Pferden, Rindern, Gerätschaften oder Wein an den Abt fällig. Haus Clörath wiederum erhielt Abgaben vom Fleuthhof und vom Schmitzhof und natürlich in beträchtlicher Höhe von den Pächtern der beiden Clörather Mühlen. Um 1800 kam das Haus mit den umgebenden Höfen bei der Neueinteilung der französischen Verwaltung unter dem Namen Clörath als Gemeinde zur Bürgermeisterei Neersen und damit zum Arrondissement Krefeld im Departement de la Roer. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde Neersen mit Clörath und anderen Ortsteilen dem preußischen Kreis Gladbach zugeschlagen. 1929 fiel Neersen durch eine kommunale Neugliederung an den neu gebildeten Kreis Kempen-Krefeld.

Bei der kommunalen Neuordnung 1970 wurde Clörath schließlich zerschlagen. Das Gebiet rund um die Clörather Mühle kam zu Viersen, der Bereich südlich der Bahnline Krefeld-Viersen wurde Anrath und damit Willich zugeschlagen, der Bereich nördlich der Bahnlinie kam zu Tönisvorst. Die Auswirkungen der Geschichte sind bis heute spürbar: So hat die Clörather Mühle – obwohl kommunal zu Viersen gehörend – einen Telefonanschluss mit Anrather Vorwahl, der Strom kommt aus Tönisvorst, Post und Trinkwasser aus dem jetzt ebenfalls zu Viersen gehörenden Süchteln. Und kirchlich gehört Clörath wie eh und je zur Gemeinde Anrath.

Die Mühle ohne Wasser

Heute gibt es kein Fließgewässer mehr an der Clörather Mühle. Denn seit Beginn der industriellen Revolution leiteten die lokalen Betriebe – meist Textilindustrie – ihre Abwässer in die Niers. So war sie am Anfang des 20 Jhdts. zum Abwasserkanal verkommen. Zudem sorgten Hochwässer häufig für Überschwemmungen, so dass die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen eingeschränkt war. Deshalb wurde ab 1927 die Niers auf einer Länge von etwa 20 Kilometern begradigt und eingedeicht. Sie fließt nun 600 Meter westlich der Mühle schnurgerade durch die niederrheinische Landschaft.

Der alte Niersarm muss nach der Begradigung noch einige Jahre Wasser geführt haben, denn die Kornmühle soll auch in den frühen dreißiger Jahren noch in Betrieb gewesen sein. Danach wurden der Mühlenbetrieb eingestellt und das alte Niersbett zugeschüttet. Das Mühlengebäude blieb in dem Zustand, wie es verlassen wurde, und verfiel über die Jahrzehnte.

Auch wenn die Begradigung damals natürlich als Vorteil gesehen wurde, wird sie heute bereut, denn in diesem Abschnitt hat der Fluss seinen natürlichen Charakter komplett verloren. An einigen Stellen wurden Renaturierungsmaßnahmen vorgenommen, doch dank leerer kommunaler Kassen ist eine komplette Rückbettung und Renaturierung undenkbar. Allerdings wurden im Rahmen der Euroga 2002 an einigen Stellen rund um die Mühle im Verlauf des alten Bettes naturnahe Blänken angelegt, die von vielen Wasservögeln bewohnt werden. So ist das Wasser zumindest wieder in die Nähe der Mühle gekommen.